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24. Juni 2002: Superzellen, grosse Schäden in der Nordschweiz

Spät kamen sie, doch sie kamen. Nach einem schwülheissen Sonntag verzögerte sich die angekündigte Gewitterfront bis weit in die Nacht. Dafür war dann die Entwicklung umso heftiger. Hagel, Sturm und Hochwasser gab es in verschiedenen Regionen der Schweiz mit Schwerpunkt Nordschweiz.

Animation 2320 - 0500 Uhr

Diese Animation des ETH-Radars zeigt exemplarisch, wie sich zwei bevorzugte Bewegungsrichtungen der Gewitterzellen einstellen können.

  • 2340 Uhr: eine erste isolierte Zelle bildete sich beim Sempachersee. Es war ein Split. Der rechtsziehende Teil zerfiel wieder rasch. Der linksziehende Teil zog über Zürich, das Westende des Bodensees und löste sich erst weit in Deutschland wieder auf.
  • 0020 Uhr: ein zweiter Split gab es ausgehend von einer Zelle im Pruntruter Zipfel. Diesmal überlebte der rechtsziehende Teil und zog als starkes Hagelgewitter über Basel, den südlichen Schwarzwald und den nördlichen Teil des Kantons Schaffhausens. Es ist eine schon fast klassisch gewordene Zugbahn, welche in den letzten Jahren immer wieder heimgesucht wurde.
  • 0140 Uhr: eine weitere Zelle bildete sich bei Aarau und zog wieder nordostwärts. Auf ihrer Bahn kollidierte sie die Schwarzwald-Zelle wie wenn nichts wär, blieb aber insgesamt weniger intensiv.
  • 0200 Uhr: die grösste Zelle erschien am Westrand des 120 km Bereiches, bewegte sich ostwärts und erreichte um 0500 Uhr St. Gallen, wo sie sich dann abschwächte. In 3 Stunden legte die Zelle 180 km zurück und hinterliess verschiedenerorts Hagel, umgestürzte Bäume und vollgelaufene Keller.

Die beiden Gewitter im südlichen Schwarzwald und im Schweizer Mittelland waren ohne Zweifel rechtsziehende Superzellen, das erste Split-Gewitter allenfalls eine linksziehende Superzelle im Kleinformat (Mini-Superzelle).

Mögliche Funnels (Vorstufe eines Tornados) wurden bei Auenstein (Nähe Aarau) sowie Ermatingen (bei Konstanz) um 0330 resp 0325 Uhr gesichtet. Wir zeigen zum Vergleich die Dopplerdaten des ETH-Radars um 0330 Uhr:

PPI Radarreflektivität 0330 Uhr

PPI Doppler-Geschwindigkeit 0330 Uhr

In diesem Bild der Dopplergeschwindigkeit sind die beiden "Funnel"-Standorte mit weissen Kreisen markiert. Bei Auenstein ist eine markante Scherzone, auf starke Rotation hinweisend, zu erkennen. Bingo! Dass es passt, ist natürlich kein Beweis, lediglich ein Hinweis, sowie eine Motivation, die Sturmschäden in jener Region näher anzuschauen. Bei Ermatingen ist das Doppler-Bild weniger klar, möglicherweise zu weit weg. Auch das Radarecho ist weniger stark, die oben gezeigte gif-Animation weist auf eine sich verstärkende Gewitterzelle hin. Wie auch immer, ist es nicht auszuschliessen, dass sich ein Funnel unter einer wachsenden Gewitterwolke ausbildete.

Und 10 Minuten später:

PPI Radarreflektivität 0330 Uhr

PPI Doppler-Geschwindigkeit 0330 Uhr

Weitere Infos im Sturmarchiv:

24. Juni.2002 grosser Hagel
24. Juni.2002 Downbursts Kanton Aargau